Das geteilte Glück

Car Sharing (Foto)

China ist der größte Pkw-Markt der Welt. Carsharing ist im Reich der Mitte dagegen noch weitgehend unbekannt. Es hat aber das Potenzial, den Wunsch vieler Chinesen nach flexibler Mobilität zu erfüllen. Mit dem frühen Einstieg in diesen Wachstumsmarkt hat Volkswagen Financial Services eine Vorreiterrolle übernommen.

Wang Haoping steht in der Tiefgarage des International Financial Center in Peking und hält sein Smartphone an einen Automaten. Der Scanner liest den QR-Code vom Display ab, woraufhin sich geräuschlos eine kleine Metallbox öffnet. Der Schlüssel darin gehört zu einem zehn Meter entfernt wartenden, schwarz glänzenden Volkswagen Sagitar. Für den Kunden unsichtbar im Hintergrund steht ein Helfer. Er prüft jedes Fahrzeug nach der Rückgabe und sorgt dafür, dass es in einem einwandfreien Zustand ist. Denn die Volkswagen und Audi in dieser Tiefgarage wechseln häufig den Fahrer: Sie gehören zu „VRent“, dem Corporate-Carsharing-Projekt von Volkswagen New Mobility Services.

„Bei der Reservierung bekommt der Kunde einen QR-Code oder er registriert sich durch einen RFID-Aufkleber auf seinem Führerschein. Über Funk wird der Nutzer so automatisch identifiziert, wenn er seinen Wagen abholt“, erklärt Mareike Garz, als Senior Program Manager zuständig für VRent. Die Fahrzeuge werden in einem Parkhaus übergeben. Von hier aus geht es hinaus auf eine der Hauptadern durch Pekings „Central Business District“, vorbei an modernen Glastürmen und über gigantische Kreuzungen. Aus ihrem Büro im 29. Stock blickt Garz auf diese Szenerie. In den umliegenden Bürotürmen arbeitet genau ihre Zielgruppe. Denn VRent wendet sich ausschließlich an Firmenkunden. In Peking ist Parkraum knapp: auf etwa zweieinhalb Millionen Parkplätze kommen mehr als fünf Millionen Autos. Aber jeder Büroturm hat eine eigene Parkgarage.

Neue Mobilität ist eines von vier Geschäftsfeldern der Volkswagen Financial Services AG, zu der Volkswagen New Mobility Services gehört. Mit dem VRent-Projekt hat sie auf dem wichtigen chinesischen Markt Neuland im Carsharing-Bereich betreten. Das Interesse der Behörden an modernen Mobilitätskonzepten steigt. Nirgendwo auf der Welt werden so viele Autos verkauft wie in China: Fast 18 Millionen Fahrzeuge waren es 2014. Doch die Infrastruktur in den Städten, in denen bereits mehr als die Hälfte der Chinesen lebt, lässt sich nicht beliebig ausbauen. Carsharing hat daher das Potenzial, zum Baustein einer neuen, intelligenten Verkehrspolitik zu werden. Mit dem frühen Einstieg in dieses Geschäft übernimmt Volkswagen – wie schon Anfang der 80er Jahre beim Aufbau der chinesischen Automobilindustrie – erneut eine Vorreiterrolle.

„Unsere Kunden schätzen es, dass sie die Fahrzeuge sehr flexibel nutzen können – und natürlich, dass sie einen garantierten Stellplatz haben.“

Mareike Garz, Projektleiterin VRent, Volkswagen Financial Services

Als Pilotkunden hat VRent mehrere Unternehmen gewonnen, darunter die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Ihre Mitarbeiter können über das Internet oder per Smartphone-App ein Auto reservieren. Die Modelle reichen vom Volkswagen Sagitar über den Passat1 bis hin zum Audi A62. Abgerechnet wird pro Stunde. Benzin, Reinigung und Wartung sind bereits im Preis enthalten. Die Kunden sollen es möglichst einfach haben, denn das VRent-Projekt ist echte Pionierarbeit. „Viele Kollegen wussten zunächst gar nicht so genau, was Carsharing ist“, berichtet Alexander Jung, Projektmanager Elektromobilität und Klimaschutz, der das Projekt bei der GIZ betreut. „Doch sie waren schnell begeistert von dem neuen Angebot.“ „Die Autos sind sehr gut, das System ist leicht zu bedienen“, bestätigt sein Kollege Wang Haoping, der häufig mit VRent-Fahrzeugen zu Terminen fährt. „Früher mussten wir ein Taxi nehmen. Wenn man selbst fährt, ist man wesentlich flexibler.“ Manchmal nutzt Wang auch den günstigen Wochenendtarif für Ausflugsfahrten mit der Familie. So können Mitarbeiter die Autos privat fahren, zahlen dann aber selbst.

Garz und ihre Kollegen werben für das neue Angebot mit starken Argumenten: mit Flexibilität, Kostenersparnis und der Qualität der Fahrzeuge. Und natürlich mit dem garantierten Stellplatz. In Peking will das Team VRent nun gezielt in drei Gegenden mit einer besonders hohen Konzentration von Bürotürmen anbieten, darunter in einem Finanzdistrikt im Westen sowie dem IT-Zentrum Zhongguancun im Nordwesten der Metropole. Die Prüfung weiterer Städte ist in vollem Gange. Trotz aller Herausforderungen, die ein Pionierprojekt wie dieses mit sich bringt, ist Garz überzeugt: VRent wird in China eine Leuchtturmfunktion übernehmen.

Wang Haoping (Foto)
Wang Haoping (Foto)

Wang Haoping, Mitarbeiter der GIZ, fuhr früher oft mit dem Taxi zu Terminen. Jetzt nutzt er VRent.

Mareike Garz (Foto)

Mareike Garz hat eine besondere Mission: Sie will Carsharing in China populär machen.

Mareike Garz (Foto)

1 Volkswagen Passat Kraftstoffverbrauch in l/100 km kombiniert von 1,6 bis 5,4; CO2-Emissionen in g/km kombiniert von 37 bis 140 (Werte schließen Volkswagen Passat GTE mit ein).

2 Audi A6 Kraftstoffverbrauch in l/100 km kombiniert von 4,2 bis 9,6; CO2-Emissionen in g/km kombiniert von 109 bis 224.

TEXT
Christiane Kühl

FOTOGRAFIE
Andreas Mader