Das Heute ist digital
WIE DIE DIGITALISIERUNG DIE AUTOMOBILINDUSTRIE VERÄNDERT
Die Digitalisierung ist ein Megatrend, der zunehmend unsere Arbeits- und Alltagswelt verändert. Das Auto ist mittlerweile auch ein rollender Computer. Motor- und Fahrwerksteuerung, Assistenzsysteme, Navigation, Kommunikation und Entertainment entwickeln sich rasant. Zugleich ist die Automobilproduktion von Robotern und der Vernetzung von Maschinen, Systemen und Menschen geprägt – die intelligente Fabrik entsteht. In unserem Programm „Future Tracks“ spielt die Digitalisierung des Autos und der Automobilproduktion eine wichtige Rolle. Es geht dabei um nicht weniger als die Chance, mit neuen Lösungen auch bei diesem Trend die Spitzenposition in der Automobilindustrie einzunehmen. Dadurch werden wir die Zufriedenheit unserer Kunden, die Stärke unserer Produkte und die Attraktivität unserer Arbeitswelt maßgeblich beeinflussen können.
Der Volkswagen Konzern wendete im vergangenen Jahr 11,5 Mrd. € für Forschung und Entwicklung auf – kein Unternehmen investiert mehr in diesem Bereich. Hier beschäftigt der Konzern weltweit 46.000 Mitarbeiter. Weil wir wissen, dass die Digitalisierung eine Schlüsselrolle spielt, haben wir inzwischen mehr als 10.000 IT-Experten an Bord. In der industriellen Fertigung kündigt sich eine neue Ära an: In der Vision „Industrie 4.0“ fahren Bauteile in Fabriken auf kleinen Wagen computergesteuert durch die Produktion und suchen ohne menschliches Zutun die freie Maschine für ihre Bearbeitung. Werkzeuge und Maschinen reparieren sich selbst und bestellen dafür sogar automatisch Ersatzteile. Doch die Maschinen sollen nicht nur dezentral gesteuert, miteinander vernetzt und somit selbstständiger werden. Auch mit Zulieferern und dem Vertrieb wird die Produktion verzahnt. Eine umfassende Ausrüstung aller Fertigungsabschnitte mit Sensorik und flexiblen Produktionstechnologien soll es möglich machen, noch schneller und ressourcenschonender auf Schwankungen in der Auslastung zu reagieren. Kundenwünsche können, so die Vision, noch individueller umgesetzt werden. In unserer Produktion nutzen wir bereits viele Technologien, auf denen „Industrie 4.0“ aufbaut. Fahrerlose Transportsysteme liefern die Teile zeitnah an, „intelligente“ Werkzeuge und Maschinen reagieren auf Abweichungen und können online analysiert und gewartet werden. Wenn sich neue Technologien in einem Bereich als zuverlässig und sicher einsetzbar erwiesen haben, weiten wir ihren Einsatz aus. Die Fertigung darf jedoch im Rahmen von „Industrie 4.0“ nicht teurer werden: Sie muss helfen, Investitionen und laufende Kosten zu reduzieren. Motivierte und gut ausgebildete Mitarbeiter sind auch im digitalen Produktionszeitalter der Schlüssel zum Erfolg. Dabei werden qualifizierte Tätigkeiten, beispielsweise Maschinenüberwachung und Störungsbeseitigung, Reparatur und Instandhaltung, Programmierung und Anlaufsteuerung sowie Planung und Kommunikation zunehmend an Bedeutung gewinnen.
INDUSTRIE IM WANDEL
Unser Vertrieb nutzt die Chance der Digitalisierung und bringt mit dem virtuellen Showroom das Autohaus zurück in die Innenstädte. In Berlin, Peking und London hat die Audi City bereits ihre Tore geöffnet. Dank innovativer Medientechnik bietet sie den Besuchern die gesamte Audi Modellpalette: Auf raumhohen Highend-Präsentationsflächen erleben sie digital die realistische Darstellung der Fahrzeuge nahezu in Originalgröße – ein völlig neues Markenerlebnis.
Die Digitalisierung sorgt für eine bislang beispiellose wirtschaftliche und technologische Dynamik: Heute liegt der Anteil elektronischer Bauteile in einem Fahrzeug deutlich höher als noch vor einigen Jahren; diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Im Fahrzeug macht die Digitalisierung die Konnektivität möglich. Hier dient sie im Wesentlichen dazu, den Verbrauch und die Emission des Fahrzeugs zu senken, aber auch Sicherheit, Komfort und Fahrspaß zu erhöhen. Die künftig zum Einsatz kommende Car-to-X-Kommunikation umfasst zum einen die Car-to-Car-Kommunikation, also die Vernetzung von Fahrzeugen untereinander, und zum anderen die Car-to-Infrastructure-Kommunikation – die Vernetzung des Fahrzeugs mit den Endgeräten des Fahrers, der Verkehrsinfrastruktur, dem Internet und Objekten in der Umgebung. Verwendet wird dafür ein herstellerübergreifend entwickelter WLAN-Standard. Dieses lokale Netzwerk bezieht alle Sender und Empfänger im Umkreis von mehreren Hundert Metern ein. Anders als bei serverbasierten Systemen kommuniziert das Fahrzeug so nur mit anderen Fahrzeugen und Infrastrukturelementen, die sich in der direkten Umgebung befinden.
Bei der Car-to-Car-Kommunikation liegt das Hauptaugenmerk darauf, die Sicherheit zu erhöhen. Eine Kommunikation zwischen Fahrzeugen sorgt zum Beispiel dafür, dass der Fahrer rechtzeitig vor gefährlichen Stauenden gewarnt wird. Er kann auch darüber informiert werden, wo sich ein Rettungsfahrzeug befindet und in welche Richtung es fährt. So können früher Rettungsgassen gebildet werden. Außerdem kann das eigene Fahrzeug Informationen über Pannen, Unfälle oder kritische Straßenbedingungen an die Umgebung weitergeben. Bremst ein vorausfahrendes Fahrzeug ungewöhnlich stark, wird diese Information über ein elektronisches Bremslicht an die nachfolgenden Fahrzeuge weitergegeben, damit die Fahrer ihre Geschwindigkeit anpassen können und die Reaktionszeit verringert wird.
CAR-TO-X-KOMMUNIKATION
Über die Car-to-Infrastructure-Kommunikation sollen entsprechend ausgestattete Ampelanlagen, Baustellen oder andere Infrastrukturelemente weitere Informationen für den Fahrer erzeugen, um den Verkehrsfluss nachhaltig zu verbessern und die Sicherheit zu erhöhen. Das Fahrzeug erhält zum Beispiel von einer Ampelanlage Informationen über die Umschaltphasen und berechnet auf dieser Grundlage Empfehlungen für eine optimale Geschwindigkeit. Herannahende Fahrzeuge übertragen ihrerseits Informationen wie ihre Position und Geschwindigkeit an die Ampelanlage, sodass die Ampel verkehrsgünstig geschaltet werden kann. Informationen über Baustellen, wie die Länge oder die aktuelle Verkehrslage, fließen in die Berechnung optimaler Routen ein. Auf der Basis von Wetterdaten aus Messstationen und Fahrzeugen errechnet das System Wettergefahren und übermittelt sie an andere Verkehrsteilnehmer, die daraufhin ihr Fahrverhalten und ihre Streckenplanung anpassen können. Über weitere Informationsquellen erfährt der Fahrer, wo es freie Plätze in Parkhäusern in seiner Nähe oder lokale Straßensperrungen gibt. Führt die Route an einer Sehenswürdigkeit vorbei, sendet diese Informationen an das Fahrzeug und lädt zu einem Zwischenstopp ein.
Parallel zu den Assistenz- und Sicherheitsaspekten schafft eine zunehmende Interaktivität zwischen Fahrzeug und Insassen eine neue Komfortdimension. Das Auto vernetzt sich immer stärker mit der Kommunikationswelt der Consumer Electronics, also zum Beispiel mit Smartphones und Tablets. Apps von mobilen Online-Diensten halten Einzug in das Fahrzeug. Der Modulare Infotainment Baukasten (MIB) des Volkswagen Konzerns bildet dafür die Grundlage und lässt sich marken- und baureihenübergreifend verwenden. Nach dem 2014 erfolgten Ersteinsatz von MirrorLink – dem Spiegeln des Smartphones im Fahrzeugdisplay – entwickelt Volkswagen die Integration von Endgeräten kontinuierlich weiter. Das mit dem neuen Passat eingeführte System Media Control ist ein Beispiel dafür: Die Passagiere im Fond können mit ihrem Endgerät alle wichtigen Funktionen zur Unterhaltung komfortabel bedienen, etwa im Internet surfen oder Filme anschauen und sogar Adressbucheinträge und Suchergebnisse als Navigationsziel an das Infotainment-System senden. In einem Konzeptfahrzeug haben wir eine weitere Innovation präsentiert: Hier können Videos – unabhängig von ihrem physischen Ursprung – auf allen Tablets im Fahrzeug parallel abgespielt werden; der Ton lässt sich dabei nicht nur per Kopfhörer, sondern lippensynchron auch über die Fahrzeuglautsprecher wiedergeben. Jedes Gerät, das in das WLAN des Fahrzeugs eingebunden ist, kann als Quelle dienen. Über diese Möglichkeiten hinausgehend ist in naher Zukunft auch Folgendes denkbar: Während der Besitzer eines Plug-in-Hybridfahrzeugs morgens noch unter der Dusche steht, hat sein Fahrzeug bereits mit der Haustechnik kommuniziert und ist aufgeladen. Der Innenraum ist vorgeheizt oder gekühlt, je nach Wetterlage. Der Fahrer verlässt das Haus und nähert sich dem Auto. Es erkennt ihn über sein Smartphone und öffnet die Tür. Die Sitzposition ist voreingestellt, Beleuchtung und Musik passen ebenso. Die Navigation hat längst Streckeninformationen von Verkehrsmanagementsystemen oder anderen Fahrzeugen empfangen und führt den Fahrer um den morgendlichen Stau herum. Auf einer individuellen Route liegt natürlich ein Supermarkt, weil im Smartphone-Kalender ein Eintrag zum Einkauf steht.
Im Rahmen dieser neuen Möglichkeiten werden wir als Automobilhersteller alles daran setzen, den Datenzugriff nicht leichtfertig aus der Hand zu geben. Vor allem gilt es, dafür zu sorgen, dass die Daten unserer Kunden jederzeit möglichst sicher und geschützt sind. Das ist die Voraussetzung für Akzeptanz und Nutzung der neuen Möglichkeiten. Wir prüfen sorgfältig, welche Technologien wir aus eigener Kraft vorantreiben und wo wir mit kompetenten Partnern zusammenarbeiten. Unser Konzern arbeitet daher bereits intensiv daran, eine kluge und erfolgversprechende Allianz mit IT-Unternehmen zu bilden, beispielsweise in der Open Automotive Alliance zur Integration der Android-Plattform in unsere Fahrzeuge.
Auf alle Fragen zur Digitalisierung wollen und müssen wir mit „Future Tracks“ überzeugende Antworten geben. Der Wunsch nach individueller Mobilität verändert sich, ist aber ungebrochen und wächst weiter.